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Die Informationseffizienz der Kapitalmärkte

Warum es für Anleger vernünftig ist, auf die Informationseffizienz des Kapitalmarktes zu bauen.

Ist es möglich, den Kapitalmarkt systematisch, d. h. dauerhaft und wiederholt, zu schlagen? Viele Fondsmanager und Vermögensverwalter behaupten genau das und versuchen Anleger damit zu ködern. Sie geben sich als „Spürnasen“ aus, die angeblich mehr wissen als der gesamte Kapitalmarkt – und damit schlauer sind als zigmillionen von Anlegern. Unzählige Studien aus der Wissenschaft belegen jedoch, dass eine systematische Outperformance des Marktes nicht möglich ist. Sollte jemand den Markt doch einmal schlagen, ist das Glück oder Zufall. Die überwältigende Mehrheit der Anleger erleidet mit entsprechenden Strategien massiven Schiffbruch.

Die Unmöglichkeit einer systematischen, d. h. dauerhaften und wiederholten Outperformance des Marktes liegt in der „Informationseffizienz“ der Kapitalmärkte begründet. Die Theorie der Informationseffizienz der Kapitalmärkte, über die in der Finanzökonomie seit mehr als vier Jahrzehnten ein weitreichender Konsens besteht, besagt Folgendes: Im gegenwärtigen Marktpreis eines Wertpapiers, wie z. B. einer Aktie oder einer Anleihe, sind alle öffentlich zugänglichen Informationen einschließlich von Gerüchten, Hoffnungen, „Spekulationen“, Befürchtungen und Erwartungen enthalten. Insofern ist der Kapitalmarkt „effizient“. Es gibt hier keine Bewertungslücken oder „falschen“ Preise, die „Kapitalmarkt-Spürnasen“ ausfindig und zu ihrem Vorteil ausnutzen könnten.

Folgt man dieser Theorie, ist der gegenwärtige Marktpreis eines Wertpapiers die beste Schätzung seines zukünftigen Marktpreises, also des Preises für zukünftig erwartete Zahlungsströme wie Dividenden oder Zinsausschüttungen.

Bekanntlich sind die Marktpreise aber nicht stabil, sondern sind ständig im Fluss. Ist daraus abzuleiten, dass die Einschätzung durch den Markt „fehlerhaft“ ist? Keineswegs. Preisveränderungen können sich jederzeit ergeben, nämlich immer dann, wenn neue Informationen vorliegen. Neue Informationen, so „falsch“ oder „richtig“ sie auch sein mögen, sind – und das ist hier der Springpunkt – eben „neu“ und waren dem Markt bislang unbekannt, so dass er in seiner Preisbildung entsprechend darauf reagiert und nachjustiert. Dass sich die Marktpreise ständig ändern (auch in „normalen“ Zeiten) ist zwar ein Beleg dafür, dass auch die Einschätzung des Marktes lediglich eine Einschätzung war, doch ist sie zu einem gegebenen Zeitpunkt stets die beste, weil sie den Durchschnitt aller Einschätzungen des Gesamtmarkts – also von zigmillionen Akteuren auf dem Finanzmarkt – abbildet. (Das schließt natürlich Überbewertungen oder „Blasen“ im Gesamtmarkt nicht aus, doch bilden sie die Ausnahme und nicht die Regel.)

Demgegenüber stellen Einschätzungen von sog. „Kapitalmarkt-Spürnasen“ Einzelmeinungen dar, die nicht durch das Korrektiv der Einschätzungen des Gesamtmarktes gefiltert worden sind. Weichen diese Meinungen von jener des Gesamtmarkts stark ab, so ist zu fragen, ob diese Sherlock Holmes über Informationen verfügen, die der Gesamtmarkt nicht kennt. Den Kapitalmarkt dauerhaft schlagen kann nämlich nur der, der nicht nur mehr weiß als einzelne andere Marktteilnehmer, sondern mehr als sämtliche Marktteilnehmer in ihrer Gesamtheit – und das auch noch permanent! Das aber widerspricht der Theorie der Informationseffizienz an den Kapitalmärkten, die in der Wissenschaft seit mehr als drei Jahrzehnten mehrheitlich geteilt wird und durch Studien tausendfach belegt wurde, auch wenn darüber diskutiert wird, wie hoch der Grad dieser Effizienz ist.

Eben weil der Kapitalmarkt ausreichend informationseffizient ist, ist es unmöglich, systematisch, d. h. dauerhaft und wiederholt, eine Überrendite gegenüber einer korrekt definierten Marktrendite (Indexrendite) zu erzielen. Dieser Auffassung sind sogar Ökonomen, die der der Effizienzmarkttheorie eher kritisch gegenüberstehen, wie z. B. Martin Weber, Professor für Betriebswirtschaft und führender Vertreter der Behavioral Finance, oder der bekannte englische Ökonom Andrew Smithers*, der als versierter Experte auf dem Gebiet der Informationseffizienz an den Kapitalmärkten gilt. Smithers schrieb in einem seiner Bücher, in dem er Kritik an den Zentralbanken und ihrer Geldpolitik übt, dass es in den 110 Jahren von 1900 bis 2009 nur zwei unmissverständlich klare Signale für eine Überbewertung auf dem Aktienmarkt gab, nämlich 1929 und 2000.

(*) Andrew Smithers: „Wall Street Revalued. Imperfect Markets and Inept Central Bankers“ (2009), S. 191.

Kapitalmärkte sind zwar nicht zu 100 % informationseffizient, doch sind sie es in einem so hohen Maße, dass es reines Wunschdenken ist zu glauben, man könne die verbleibenden wenigen Ineffizienzen in nennenswertem Umfang ausbeuten. Dass das nicht möglich ist, dafür hat die empirische Finanzmarktforschung seit mehr als 40 Jahren in unzähligen Hunderten von Studien theoretische wie empirische Belege geliefert. Einzelne mögen den Markt zwar immer wieder einmal schlagen, ob aus Glück oder weil sie doch über mehr Wissen verfügten als alle anderen, was in Anbetracht von zigmillionen Anlegern in der Welt nie völlig ausgeschlossen werden kann. Eine verallgemeinerbare Blaupause für eine systematische Outperformance ließ sich aus diesen Einzelfällen jedoch nie ableiten – von denen es außerdem viel mehr geben müsste, wenn eine solche Strategie wirklich systematisch funktionierte! Fest steht, dass Anleger durch aktives Investieren in der Breite keine konsistenten Überrenditen erzielen können, ganz abgesehen davon dass die mit diesem „Rein-raus-Investieren“ verbundenen Transaktionskosten und Steuern enorm hoch sind.

Warum nur herrscht in der Finanzbranche dann aber wider alle wissenschaftliche Erkenntnis so viel Unvernunft? Warum wird potentiellen Anlegern ständig suggeriert, es gäbe Marktineffizienzen, die ausgenutzt werden könnten, um einen korrekt definierten Index (Benchmark) zu schlagen? Oder warum wird Anlegern von „Profis“ immer noch ständig weisgemacht, man könne Crashs oder Abschwünge vorhersehen und Kunden vor deren Folgen schützen?

In einem seiner Vorträge sagte Prof. Martin Weber, dass es wohl niemals dazu kommen wird, dass alle Menschen rational investieren. Zum einen verführen die meisten Banken und Asset-Manager ihre Kunden dazu, aktiv zu investieren, weil sie daran exzellent verdienen. Zum anderen verfängt diese Strategie sowohl bei privaten als auch institutionellen Anlegern, weil entsprechende Erwartungshaltungen geschürt wurden, so dass das Mantra des aktiven Investierens bereitwillig nachgebetet wird, mögen auch noch so viele wissenschaftliche Erkenntnisse dagegensprechen.

Fazit: Kluge Anleger sollten erkennen, dass es unvernünftig ist zu glauben, man könne Marktineffizienzen ausnutzen und eine Outperformance (d. h. eine über dem korrekt definierten Index liegende Rendite) erzielen. Solche Marktineffizienzen sind schlichtweg nicht vorhanden – zumindest nicht in einem solchen Ausmaß, dass man sie systematisch ausbeuten könnte. Wer dennoch wider alle wissenschaftliche Evidenz weiterhin das Gegenteil behauptet, der möge sich bitte ehrlich machen und die Grundannahme, die diesem Glauben stillschweigend zugrunde liegt, offen aussprechen: „Ich weiß mehr als der gesamte Markt“ – und sich im Anschluss auch die Frage gefallen lassen, ob er über überdurchschnittliche Fähigkeiten verfügt und als Einzelner wirklich so viel schlauer ist als der ganze aus Millionen von Anlegern bestehende „Rest“.

Eines der wichtigsten Elemente unseres Investmentansatzes ist, dass wir eine solche Hybris nicht pflegen und auf Prognosen aller Art verzichten. Diesen dezidiert prognosefreien Ansatz praktizieren wir bereits seit 17 Jahren und haben mit ihm zur Zufriedenheit unserer Mandanten auch großen Erfolg.